FQAD Support

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Therapie der Fluorchinolon-assoziierten Sehnenschmerzen

Da Fluorchinolon-Antibiotika unterschiedliche Arten von Sehnenerkrankungen verursachen, muss man die Therapie wie bereits im vorherigen Artikel über die Frage, wie Sehnenschmerzen entstehen, differenziert betrachten.

In diesem Artikel schauen wir mögliche Therapieoptionen für verschiedene durch Fluorchinolon-Antibiotika verursachte Sehnenerkrankungen an. Wir teilen jene dafür in folgende, selbstbestimmte Kategorien ein:

Akute Sehnenentzündung (Tendinitis)
Paratendinitis (u.a. Sehnenscheidenentzündung oder Bursitis)
Sehnenruptur komplett oder partial
Sehnenschmerzen mit Nachweis einer degenerativen Tendinopathie
Sehnenschmerzen ohne jeglichen Nachweis von pathologischen Veränderungen in der Bildgebung

Wichtig ist hierbei zu beachten, dass sich unsere Vorschläge zumeist aus die Erfahrung in der Betreuung von Betroffenen stammt. Es gibt leider wenig Studien betreffend Therapieoptionen für Fluorchinolon-assoziierte Erkrankungen. Daher müssen wir tiefste Evidenzklasse (Klasse V) der Medizin verwenden, um Vorschläge überhaupt machen zu können. Das bedeutet, dass wir Fallserien und Anektdoten von PatientInnen sowie die Meinung von Experten auf dem Gebiet verwenden, welche oft durch präklinischen Studien auf dem Gebiet entsteht. Bitte besprechen Sie jegliche Behandlungsversuche vorher mit dem behandelnden Arzt respektive der behandelnden Ärztin ab.

Akute Sehnenentzündung (Tendinitis)

Eine akute Entzündung einer Sehne mit klassischen Symptomen wie Schwellung, Überwärmung sowie Rötung nach der Einnahme eines Fluorchinolon-Antibiotikum ist eher selten. Tritt dies auf, sollte eine Entzündungshemmung nach dem „RICE“ Prinzip durchgeführt werden. Auf eine vorübergehende Schonung bis die Entzündung abgeklungen ist, sollte geachtet werden. Eine Therapie mit entzündungshemmenden Medikamenten (NSAR, Corticosteroide) ist kontraproduktiv und führt zumeist zu einer Verschlechterung der Symptomatik. Dies ist ein deutlicher Unterschied zur Therapie von Sehnenentzündungen, welche nicht durch Fluorchinolon-Antibiotika verursacht worden sind.

Sehr gut wirksam ist eine regelmässige Therapie mit Eis. Die Behandlung mit einem Eiswürfel direkt auf der Sehne soll 1 bis 2 mal täglich durchgeführt werden. Wichtig dabei ist, dass die Therapie nur für kurze Zeit am Stück durchgeführt wird.

Wir haben schlechte Erfahrungen gemacht mit Physiotherapie bei einer akuten Entzündung der Sehnen und würden Betroffenen eher dazu raten, sich leicht zu bewegen ohne die betroffene Sehne stark zu belasten.

Eine Durchführung einer antientzündlichen Therapie mit natürlichen Substanzen wie z. B. Curcumin oder Weihrauch zeigt im Studien einen positiven Effekt auf Sehnenentzündungen(1), und kann als Ergänzung versucht werden. Hierbei gilt es jedoch zu beachten, dass Curcumin, ebenso wie Fluorchinolon-Antibiotika, ein Topoisomerase Inhibitor ist und daher eher als ein pflanzliches Chemotherapeutikum anzusehen.(25) Aus unserer Sicht ist es höchstens im akuten Zustand einer Entzündung angebracht und nicht für die längerfristige Behandlung sinnvoll.

Nicht durchgeführt während einer akuten Entzündung sollten Therapien, welche eine weitere Reizung verursachen wie die Stosswellentherapie oder PRP-Injektionen.

Paratendinitis (u.a. Sehnenscheidenentzündung oder Bursitis)

Im Vergleich zu einen akuten Sehnenentzündung sieht man bei Betroffenen mit Sehnenschmerzen nach der Einnahme eines Fluorchinolon-Antibiotikums häufig lediglich eine leichte Entzündungen um die Sehne. Eine solche Paratendinitis kann sehr schmerzhaft sein. Warum es zu dieser Erscheinung kommt ist bisher unklar. Die Theorie ist aktuell, dass es sich entweder um eine mechanische Reizung aufgrund des veränderten Sehnengewebe, einer unbekannte Autoimmunreaktion oder neurogener Entzündung handelt aufgrund der Schädigung des peripheren Nervensystems. Das Vorgehen ist dem Ausmass der Entzündung anzupassen, wobei eine stärkere Entzündung gleich behandelt werden soll wie eine akute Sehnenentzündung mit dem „RICE-Prinzip“ Liegt lediglich eine leichte Entzündung vor, ist die wichtigste Massnahme grundsätzlich Pacing, welches in diesem Artikel später genauer erklärt wird.

Sehnenruptur

Bei einer akuten Sehnenruptur ist meistens notwendig, die gerissenen Sehne operativ zu versorgen. Besteht lediglich eine Teilruptur kann mit der regenerativen Medizin (z.B. regelmässige PRP-Injektion) eine konservative Therapie versucht werden. Bei einer vollständigen Ruptur hingegen, reicht eine konservative Therapie jedoch meistens nicht aus. Die genaue Vorgehensweise sollte unbedingt mit einem Orthopäden besprochen werden. Ich würde immer empfehlen die Meinung von zwei Spezialisten einzuholen, bevor man sich für ein operatives Vorgehen entscheidet.

Sehnenschmerzen mit Nachweis einer degenerativen Tendinopathie

Bei einigen FQAD PatientInnen findet man im MRT Zeichen einer degenerativen Tendinopathie, eine sogenannte Tendinosis. Häufig kann bei jenen Patienten im Ultraschall eine Neovaskularisierung nachgewiesen werden. Folgende Therapieoptionen haben sich als hilfreich herausgestellt:

Dehnung und konservativ in Bewegung bleiben

Um Verkürzung des Muskels zu minimieren ist eine regelmässige, sanfte Dehnung empfohlen. Ebenfalls empfiehlt es sich in Bewegung zu bleiben, sofern die Bewegung nicht zu einer Verstärkung der Schmerzen führt. Dies fördert die Durchblutung und insgesamt den Heilungsprozess einer Tendinosis.(2) Dies soll PatientInnen jedoch nicht dazu ermutigen „durch den Schmerz durchzugehen“. Nach unserer Erfahrung führt dies meistens zu weiteren Entzündungsreaktionen und Verschlechterung des Gesamtzustandes.

Exzentrische Kräftigungsübungen und Pacing

Die Therapie mit der besten Datenlage bei degenerativer Tendinopathie respektive Tendinosis sind exzentrische Kräftigungsübungen. Man geht davon aus, dass der Haupteffekt durch die langsame Ausführung der exzentrischen Bewegung zustande kommt. Eine exzentrische Muskelkontraktion findet statt, wenn es zu einer Verlängerung des Muskels während er mit Gewichten beladen und kontrahiert ist kommt. Ein Beispiel hierfür wäre, den Bizepsmuskel langsam zu verlängern mit einer Hantel in der Hand.(2) Ein weiteres typisches Beispiel ist die Kräftigungsübungen auf einer Treppe für die Achillessehne, wobei die langsame Bewegung nach unten die entscheidende Komponente darstellt.

Der Effekt von exzentrischem Training für die Therapie von Sehnenbeschwerden kann z.T. erklärt werden durch eine erhöhte Kollagensynthese durch die Tenozyten.(3) Im Gegenteil dazu führt eine Immobilisierung zur Atrophie von Sehnen, jedoch dank der geringen metabolischen Rate und Vaskularität passiert dies eher langsam.(3) Um es für Betroffene noch einmal zu betonen, dies bedeutet dass eine absolute Ruhigstellung in den meisten Fällen nicht sinnvoll ist. Lediglich wenn es sich um eine Ruptur oder eine starke Entzündung handelt kann eine kurzfristige Ruhigstellung sinnvoll sein.

Typischerweise entsteht eine chronische degenerative Tendinopathie wenn Belastung und Regeneration aus dem Gleichgewicht fallen, respektive die Zeit für Regeneration der Sehne nicht ausreichend ist. Wie bereits beschrieben, führen Fluorchinolone zu einer eingeschränkten Regeneration.(4) Folglich führt die klassische Intervention mit exzentrischen Kräftigungsübungen leider häufig nicht zum gewünschten Resultat. In einer kleinen, selbst durchgeführten Umfrage beschreiben ca. 70% der Betroffenen klassische Physiotherapie mit exzentrischem Training als kontraproduktiv. Es ist sehr gut belegt, dass im physiologischen Rahmen die Produktion von neuem Kollagenfibrillen stimuliert wird. Genauer kann gezeigt werden, dass es gleichzeitig zu einer erhöhten Kollagensynthese und -abbau kommt, wobei die Kollagensynthese länger persistiert.(5) Fluorchinolon-Antibiotike schränken die Kollagensynthese hingegen ein. Daher stellt sich die Frage, ob dies ob dies der Grund ist für den ausbleibenden Erfolg von exzentrischem Training bei Betroffenen mit Fluorchinolon-assoziierten Sehnenerkrankungen. Aufgrund der eingeschränkten Regeneration kann man spekulieren, wenn überhaupt, eine deutlich reduzierte Intensität der exzentrischen Übungen eingesetzt werden sollte.

Pacing

Aus unserer Erfahrung zeigt Pacing respektive ein „gepactes Training“ besseren Erfolg bei Fluorchinolon-assoziierten Sehnenerkrankungen als klassische Physiotherapie. Nach einer vorübergehenden Reduktion der Aktivität soll der Betroffene vorerst eine „Baseline“ der belastenden Aktivitäten in Bezug auf die betroffene Sehne bestimmen. Optimalerweise wird die Aktivität dabei objektiv gemessen, beispielsweise durch die Gesamtschrittzahl bei Achillessehnenbeschwerden. Die Baseline ist erreicht, wenn bei konstanter Aktivität in einem Zeitraum von einem Monat es zu keiner Schmerzzunahme kommt. Wichtig zu verstehen ist ebenfalls, dass Schmerzen häufig erst in der Nacht oder 1-3 Tage nach durchgeführter Aktivität auftreten. Eine sehr langsame Steigerung der belastenden Bewegungen ist dabei notwendig, vorzugsweise weniger als 5-10 % Aktivitätssteigerung pro Monat. Die Umsetzung von Pacing ist häufig schwierig. Ein grosses Mass an Achtsamkeit ist dafür notwendig. Bei zu starker Belastung besteht das Risiko einer Progression der Sehnenerkrankung, was wir leider häufig beobachten. Der Zeitraum, in welchem man mit der Sehne achtsam umgehen soll ist unbekannt, es wurden jedoch signifikante strukturelle Veränderungen in Tierstudien von bis zu 20 Wochen nach Fluorchinolon Gabe aufgezeigt. Es wird empfohlen, vorsichtig zu sein bei symptomatischen Patienten und ein gradueller Einstieg zu sportlichen Aktivitäten soll erst nach Abklingen der Schmerzen erfolgen.(6)

Wird häufig über die Grenze der Sehne hinausgegangen entsteht ein sogenannter „Boom and Bust“ Zyklus, wobei in Phasen von vermehrten Schmerzen häufig komplett die Aktivität eingestellt wird, was zu Verlust von Fitness und Muskelmasse führt. Ebenfalls wird das Sehnengewebe weniger belastbar. Sobald die Schmerzen abklingen beginnen die betroffenen mit der üblichen Aktivität, welche häufig über der Grenze des Gewebes liegt. Dies führt dann erneut zur Reizung des Gewebes. Im folgenden Bild ist dieser Teufelskreis dargestellt:

Pacing ist die wohl wichtigste Massnahme um eine langfristige Besserung der Sehnensymptomatik zu erreichen. Wir empfehlen die Zusammenarbeit mit einem Arzt, Therapeuten oder Physiotherapeuten mit Kenntnissen von Fluorchinolon-assoziierten Sehnenbeschwerden sowie Pacing für die optimale Umsetzung.

Kälte

Kälte verursacht kurzfristig eine Vasokonstriktion, das heisst Blutgefässe kontrahieren sich und das Blutgefäss zieht sich zusammen. Man geht von einem Einfluss auf die oben beschriebene Neovaskularisierung aus, welche mit den Schmerzen assoziiert sind. Klinische Experimente zeigen, dass die kurzfristige Applikation von Eis für 15-20 Minuten pro Durchführung mehrere Male am Tag hilfreich ist bei Tendinosis. (2) Wird zur Behandlung ein exzentrisches Training in niedriger Intensität eingesetzt, sollte die Kältetherapie nicht direkt danach durchgeführt werden, ansonsten könnte die langfristige Adaption des Gewebes reduziert werden.(7)

Stosswellentherapie

Die extrakorporale Stosswellentherapie, kurz ESWT, zeigt in vitro eine Aktiviert von Stammzellen in Sehnen. (8) Betroffene berichten von positiven Ergebnissen nach wiederholter Therapie. Hier gilt es wie beim exzentrischen Training zu beachten, dass die Intensität der Behandlung auf einen Bruchteil reduziert werden sollte im Vergleich zur Behandlung einer Tendinosis aufgrund von reiner chronischer Überlastung ohne Nebenwirkung eines Fluorchinolon-Antibiotikum. In der Regel werden 8-12 Sitzungen jeweils im Abstand von circa einer Woche benötigt um den Therapieerfolg zu beurteilen. Kommt es zu einer Verschlechterung nach der ersten Sitzung, liegt es zumeist an einer zu hohen Intensität. Nach Abklingen kann der Versuch ein zweites Mal mit geringerer Intensität durchgeführt werden.

PRP

Ebenfalls häufig verwendet unter Betroffenen wird die Injektion mit Platelet-rich Plasma. Die Idee dahinter ist, die Wachstumsfaktoren aus Thrombozyten für eine schnellere Regeneration einzusetzen. Wachstumsfaktoren aus Thrombozyten stimulieren die Proliferation von Fibroblasten und Tenozyten sowie gleichzeitig die Synthese von Kollagen.(5)

Eine Studie zu PRP und der Regeneration von Sehnen im allgemeinen konnte zeigen, das die Injektion nur in frühen Stadien der Tendinopathie effektiv ist. Dies könnte die Ursache für die widersprüchlichen Ergebnisse von PRP für die Behandlung von Tendinopathien in klinischen Studien sein. (9)

Einige Betroffene berichten von einer Besserung, jedoch gibt es ebenfalls viele Rückmeldungen ohne jegliche Besserung nach mehrfacher Therapie. Aufgrund des geringen Risikos der Therapie, der guten Verfügbarkeit sowie aufgrund mangelnder Alternativen, scheint es bei nicht abheilender Fluorchinolon-assoziierter Tendinopathie mit nachgewiesener Degeneration einen Versuch wert.
Falls eine PRP Therapie durchgeführt wird, sollte man sich an einen Experten wenden. Häufig wurde von Injektionen in die eigentliche Sehne berichtet. Gerade im Bereich der Achillessehne kann dies zu einer zusätzlichen Verringerung der Elastizität führen. Am erfolgreichsten scheint die Therapie zu sein, wenn das PRP ins umliegende Gewebe von Sehnen gespritzt wird. Bei der Achillessehne könnte das PRP beispielsweise in den Kager-Fettkörper gespritzt werden. Die Wachstumsfaktoren diffundieren dann zum Sehnengewebe. Häufig ist eine repetitive Therapie notwendig.

Nahinfrarotlicht Therapie (NIR) / Low Level Laser Therapie (LLLT)

Die Therapie mit Nahinfrarotlicht, auch Low Level Laser Therapie genannt, fördert die Bildung von Kollagengewebe sowie die mitochondriale Energiegewinnung. (10-13) Mehrfach hatten wir Berichte von Betroffenen, welche dadurch Sehnenbeschwerden aber auch Veränderungen z.B. der Haut bessern konnten. Wichtig dabei ist die richtige Applikation der Therapie. Häufig wird in den Bedienungsanleitungen eine viel zu lange Therapiedauer empfohlen. Da Nahinfrarotlicht kurzfristig oxidativen Stress erhöht (hormetischer Reiz), kann dies zu Rückfällen führen bei zu hoher Intensität. (14) Wir empfehlen daher die Absprache vor Therapiebeginn mit dem behandelnden Arzt oder Therapeuten mit guten Kenntnissen über NIR Therapie. Eine regelmässige Bestrahlung im Abstand von ca. 15-20 cm über 2-3 Minuten scheint ideal. Dies hängt jedoch von den Eigenschaften des benutzten Gerätes sowie der bestrahlten Lokalisation ab. Je tiefer das Gewebe liegt, desto länger muss die Stelle bestrahlt werden, damit die wirksame Dosis in Joule zur Zielstruktur durchdringt.

Massage

Massagen fördern die Durchblutung und Zellaktivität der Fibroblasten für die Bildung von neuem Kollagen. Ebenfalls kommt es zur Reduktion vom überaktiven sympathisches Nervensystem. Myofasziale Techniken und Triggerpoint Behandlungen können ebenfalls zur Dehnung des Muskels führen und daher Belastung der Sehne reduzieren. (2)

Sklerosierungstherapie

Eine weitere Therapie zur Reduktion von Schmerzen ist die Sklerosierungstherapie, also die Zerstörung von Blutgefässen der Neovaskularisierung und der mitlaufenden Nervenfasern. Jene Therapie konnte in Studien zeigen, dass in fortgeschrittenen Stadien einer Tendinopathie Schmerzen reduziert und die Funktion wiederhergestellt werden konnte.(5) Wir haben bisher keine direkten Erfahrungen mit der Sklerosierungstherapie bei FQAD Patienten gemacht. Die Therapieform ist hier lediglich zur Vollständigkeit aufgeführt.

Ernährung und Supplemente

Neben den physikalischen Therapien ist eine angepasste Ernährung sowie gewisse Substanzen für die Regeneration von Sehnengewebe bedeutsam . Unter anderem ist Vitamin C, Mangan und Zink wichtig für die Kollagenproduktion. In diesem Abschnitt gehen wir auf die wichtigsten Substanzen ein und stellten unsere persönliche Erfahrung in der Beratungstätigkeit vor.

Antioxidative Therapie

Die aktuelle Literatur empfiehlt der Einsatz von Antioxidantien wie Vitamin C, Coenzym Q10 und/oder Magnesium als Prävention oder Reduktion der toxischen Wirkung von Fluorchinolon-Antibiotika.(6)

Den Zusammenhang zwischen oxidativem Stress und der Induktion von MMPs haben wir bereits im Artikel zu Ursachen von Sehnenerkrankungen beschrieben. Eine schnellstmögliche Reduktion des oxidativen Stress in den Tenozyten scheint also besonders wichtig. Obwohl anekdotisch berichtet, gibt es aktuell keine Evidenz für die Behandlung von persistierenden Symptome mit Infusionen von Antioxidantien wie Glutathion.(6) Wir raten generell von Infusionstherapien bei Fluorchinolon-assoziierten Beschwerden ab, da wir häufig von Betroffenen negative Erfahrungen mitgeteilt bekommen haben. Ausserdem rechtfertigt die aktuelle Evidenz nicht die finanziellen Kosten für den Patienten.

Vitamin C

Die Wirksamkeit von Vitamin C ist in der Literatur bei nicht Fluorchinolon-assoziierter Tendinopathie gut dokumentiert. Vitamin C steigert die Kollagensynthese und es führt zu einer besserer Regeneration der Sehne.(17) Ebenfalls ist Vitamin C der wichtigste Radikalfänger in kollagenem Gewebe.(18) Da Fluorchinolon-Antibiotika wie im Artikel Ursache von Sehnenerkrankungen beschrieben, zu oxidativen Stress führen und jener auch in Sehnenzellen nach Exposition festgestellt werden konnte, hat Vitamin C eine besondere Bedeutung in der Therapie der Fluorchinolon-assoziierten Sehnenerkrankung. Es ist wahrscheinlich, dass Vitamin C schneller verbraucht wird und es daher im Mangel ist. In zahlreichen Urinuntersuchungen konnten wir regelmässig einen starken Vitamin C Mangel stellen.

Neben der antioxidativen Wirkung ist Vitamin C einer der wichtigsten Kofaktoren der durch Fluorchinolon-Antibiotika eingeschränkten Hydroxylierung der Aminosäure Prolin zu Hydroxyprolin. Ein Mangel an Vitamin C hingegen führt zu reduzierter Prokollagensynthese sowie Hydroxylierung der Aminosäuren Prolin und Lysin, was zu einer Inhibition der Sehnenregeneration führen kann.(17) Schlussendlich ist Vitamin C verantwortlich für die Reduktion von oxidiertem Vitamin E.(19) Wie bereits vermerkt gibt es Studien, welche zeigen, dass eine gute Versorgung mit Vitamin E vor Fluorchinolone induzierte Tendinopathie, zumindest teilweise, schützen kann. Eine regelmässige Einnahme von Vitamin C bei Fluorchinolon-assoziierten Sehnenerkrankungen scheint also sinnvoll.

Magnesium

Ein Magnesiumsdefizit führte in einer Tierstudie mit juvenilen Hunden zu ähnlicher Symptomatik wie die Exposition zu Ciprofloxacin.(26) Daneben ist Magnesium ein Cofaktor der Hydroxylierung der Aminosäure Prolin zu Hydroxyprolin. Magnesium gehört zur Standardtherapie von FQAD und sollte auch bei Sehnenschmerzen gegeben werden.

Kollagen-Hydrolysat

Studien belegen, dass es nach der Exposition zu einem Fluorchinolon-Antibiotikum zu einer reduzierten Hydroxylierung von Prolin zu Hydroxyprolin kommt. Es scheint daher sinnvoll, Kollagen-Hydrolysat, ein Protein Pulver mit hohem Anteil der Aminosäuren Hydroxyprolin und Prolin einzunehmen.(15) Die Einnahme von 15g Kollagen Hydrolysat führt in Tierstudien zu erhöhter Synthese von Kollagen.(16) Ob das zusätzliche Angebot von Hydroxyprolin tatsächlich für die Produktion von Kollagen in Tenozyten benutzt wird, ist jedoch fraglich. Nimmt man erneut das Wort der Betroffenen zu Hande, gibt es ein grosses Spektrum von überhaupt nicht wirksam bis hin zu einer klaren Verbesserung nach kontinuirlicher Einnahme. Alternativ zu tierischen Produkten gibt es unterdessen auch vegane Präparate mit Hydroxyprolin. Wichtig ist hier der Hinweis, dass Kollagen-Hydrolysat bei einigen Betroffenen zu Verschlechterung führt aufgrund der möglichen Metabolisierung von Glycin und Hydroxyprolin zu Oxalaten.

Cissus quadrangularis

Bisher konnten wir gute Erfahrungen machen mit Cissus quadrangularis, einer Pflanze, welche in der ayurvedischen Medizin eingesetzt wird für die Regeneration von Knochen sowie für die Behandlung von Gelenkbeschwerden und Entzündungen.(20, 21) Aus unserer Erfahrung spricht circa 1/3 der Betroffenen mit Sehnenbeschwerden auf Cissus quadrangularis an, wobei sich mässige bis gute Besserung innerhalb von ein paar Monaten einstellt. Es kann sinnvoll sein, verschiedene Präparate und unterschiedliche Dosierungen zu testen.

Hemmung der Matrix-Metallo-Proteinasen (MMPs)

Obwohl als vielversprechende Therapie spekuliert, konnten wir bisher mit natürlichen MMP-Inhibitoren zur Therapie der Fluorchinolon-assoziierten Tendinopathie wenig Erfolg erzielen. Neben einer Vielzahl natürlicher MMP-Inhibitoren(22), gibt es auch synthetische hergestellte Inhibitoren von Matrix-Metalloproteinasen. Eines der bekannten Substanzen ist das Tetracyclin Antibiotikum Doxycyclin.(23) Abgesehen davon wurde mit dem MMP-Inhibitor Apronitin Studien mit nicht Fluorchinolon-assoziierten Tendinopathien durchgeführt. Eine Injektion mit Apronitin hatte bei Injektion in nicht Fluorchinolon-assoziierten Tendinopathie einen Effekt in der Behandlung der Patellarsehnentendinopathie, jedoch gemischte Resultate bei Achillessehnentendinopathie.(24) Unser Fazit: Aufgrund des guten Nebenwirkungsprofil der natürlichen MMP-Inhibitoren wie z.B. Ashwaghanda oder Propolis, macht man bei einem Versuch sicherlich nichts falsch.

Sehnenschmerzen ohne Nachweis einer degenerativen oder entzündlichen Tendinopathie

In den meisten Fällen kann man bei Betroffenen weder im MRT noch im Ultraschall eine pathologische Veränderung nachweisen. Manchmal wird eine minimale Entzündung um die Sehne herum gefunden, welche nicht dem Ausmass der Schmerzen der Betroffenen entspricht. Leider werden jene Sehnenschmerzen häufig als psychosomatisch eingestuft. Wie bereits im Artikel über die Frage, wie Sehnenschmerzen entstehen, muss man bei diesen Patienten davon ausgehen, dass die Schmerzen durch eine Interaktion vom Sehnengewebe mit dem peripheren Nervensystem entstehen. Auch in diesen Fällen kann eine Therapie mit gepactem Training, Magnesium und Cissus quadrangularis hilfreich sein. Zusätzlich kann die Stosswellen- sowie Kältetherapie zu Schmerzreduktion führen.

Nicht sinnvoll erscheint in dieser Situation eine Therapie mit PRP Injektionen. Hingegen hatten einige Betroffene einen Erfolg mit einer Neuraltherapie, welche durch die Injektion von einem Lokalanästhetikum (zumeist Procain) das periphere Nervensystem moduliert. Ebenfalls empfehlen wir in dieser Situation eine regelmässige Massage zur Reduktion des überaktiven sympathisches Nervensystem. Ebenfalls sind sogenannte „Mind-Body“-Interventionen um die Schmerzwahrnehmung zu modulieren bedeutsam. Ein Versuch mit z.B. Mindfulness-based Pain Management (Crosslink zu Seite MBPM) oder Pain Reprocessing Therapy (PRT) sollte unternommen werden. Ebenfalls wurde eine medikamentöse Schmerztherapie mit beispielsweise Gabapentin oder Pregabalin von einigen Betroffenen als hilfreich bewertet. Der Nutzen der Therapie muss durch den betreuenden Arzt respektive der betreuenden Ärztin jedoch genau gegenüber den Nebenwirkungen abgewogen werden.

Fazit

Insgesamt braucht es für die Regeneration der Sehne optimale Konditionen. Jene sind unter anderem genügend Erholungszeit, Vermeidung erneuter Überlastung sowie ein guter Stoffwechsel und Blutversorgung.5 Die notwendigen Bausteine für die Kollagensynthese müssen dem Körper zugeführt werden. Schlussendlich braucht es einen kontinuierlich ansteigenden Therapiereiz, welcher jedoch unter der Grenze liegen sollte, ab welchem die Beschwerden sich verstärken. Dies ist einfacher gesagt als getan, daher empfehlen wir die Zusammenarbeit mit einem Experten. Falls Sie in Ihrer Umgebung niemanden finden, welche sich mit Pacing bei Fluorchinolon-assoziierten Sehnenerkrankungen auskennt, empfehlen wir Ihnen sich an uns zu wenden für eine Einzelberatung und/oder sich in der Selbsthilfegruppe mit anderen Betroffenen auszutauschen.

 
Quellen:
 
  1. Is Curcumine Useful in the Treatment and Prevention of the Tendinopathy and Myotendinous Junction Injury? A Scoping Review; Alfredo Córdov et al. 2023
  2. Tendinopathy: Why the difference between Tendinitis und Tendinosis Matters; Evelyn Bass 2012
  3. Biology of tendon injury: healing, modeling and remodeling P. Sharma and N. Maffuli; 2006
  4. Regeneration difficulties in patients with FQAD can limit the use of iPSc-based cell therapy; Dagmara Grot et al. 2022
  5. Pathogenesis of tendinopathies: inflammation or degeneration? Michele Abate et al.
  6. Musculoskeletal Complications of Fluoroquinolones: Guidelines and Precautions for usage in the Athletic Population; M. Hall et al. 2011
  7. Post-exercise cold water immersion attenuates acute anabolic signalling and long-term adaptations in muscle to strength training; Llion A Roberts et al. 2015
  8. Extracorporeal Shock Wave Treatment (ESWT) enhances the in vitro-induced differentiation of human tendon-derived stem/progenitor cells (hTSPCs); Laura Leone et al. 2016
  9. PRP Treatment Efficacy for Tendinopathy: A Review of Basic Science Studies; Yiqin Zhou and James H-C. Wang 2016
  10. A Controlled Trial to Determine the Efficacy of Red and Near-Infrared Light Treatment in Patient Satisfaction, Reduction of Fine Lines, Wrinkles, Skin Roughness, and Intradermal Collagen Density Increase; Alexander Wunsch and Karsten Matuschka 2014
  11. Low-level red plus near infrared lights combination induces expressions of collagen and elastin in human skin in vitro; Wen-Hwa Li 2021
  12. Near-infrared light increases ATP, extends lifespan and improves mobility in aged Drosophila melanogaster; Rana Begum 2015
  13. Mitochondrial Dysfunction and Parkinson’s Disease—Near-Infrared Photobiomodulation as a Potential Therapeutic Strategy; Aaron Song Chuan Foo et al. 2020
  14. Low-Intensity Light Therapy: Exploring the Role of Redox Mechanisms; Joseph Tafur 2008
  15. Fluroquinolone-associated Disability FQAD: Pathogenese, Diagnostik, Therapie und Diagnosekriterien
  16. The effects of collagen peptide supplementation on body composition, collagen synthesis, and recovery from joint injury and exercise: a systematic review; Misthi Khatri et al. 2021
  17. Effect of Vitamin C on Tendinopathy Recovery: A Scoping Review; David C. Noriega-González et al. 2022
  18. Mitochondrien – Symptome, Diagnose und Therapie; Dr. Bodo Kuklinski; 2015
  19. Interaction of ascorbate and alpha-tocopherol; E. Niki 1987
  20. Clinical evaluation of Cissus quadrangularis as osteogenic agent in maxillofacial fracture: A pilot study; Hemal R. Brahmkshatriya 2015
  21. Cissus quadrangularis reduces joint pain in exercise-trained men: a pilot study; Richard J Bloomer 2013
  22. Recent insights into natural product inhibitors of matrix metalloproteinases; Geetha B. Kumar
  23. The role of doxycycline as a matrix metalloproteinase inhibitor for the treatment of chronic wounds; Joyce Stechmiller 2009
  24. Successful Management of Tendinopathy With Injections of the MMP-inhibitor Aprotinin; John Orchard et al. 2008
  25. Curcumin as a DNA topoisomerase II poison; Carmen Martín-Cordero 2003
  26. Biochemical changes in Achilles tendon from juvenile dogs after treatment with ciprofloxacin or feeding a magnesium-deficient diet; Mehdi Shakibaei et al. 2001
 

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